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The Pamphlet Collection of Sir Robert Stout: Volume 58

Ausltellungs-Bericht

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Ausltellungs-Bericht.

Ueber die ausgeftellten Sachen ift das Folgende zu berichten:

In einer Seitenhalle des Congreß-Saales waren auf zwet langen Zifchreihen die bon auswärts eingegangenen Arbeiten aufgeftellt. Diefelben feffelten die Congreßbefucher in hohem Grade, und legten Zeugnis dabon ab, mit welchem Wetteifer die berfchiedenen Schulen arbeiten. Durchgehends konnte man eine große Sauberkeit und Bräcifion in der Ausführung, eine wefentlich gegen früher berbefferte Gefchmacksrichtung, einen geordneten Stufengang und eine Erweiterung in der Auswahl der Arbeitsobjecte beobachten.

Bertreten waren die Arbeitfchulen bon Waldenburg in Schlefien, Dresden, Zwickau und Giffek in Kroatien; ferner die bon Claufon-Kaas auf Beranlaffung der königlich fächfifchen Regierung ins Heben gerufenen Hausfleißfchulen, und die Glöjdfchule zu Hedemora in Schweden. Letztere hatte zwar keine Arbeiten, indeß eine in faubern Zeichnungen ausgeführte, in das Gebiet der Zifchlerei (leichte Holzarbeit) fallende Modell-Serie ausgeftellt. Endlich hatte der Director der Görlitzer Handfertigkeitsfchule, Herr Lehrer Reumann, einen bon ihm hergeftellten Kerbfchnitt-Lehrgang, aus einer größern Reihe bon Schnitzmodellen beftehend, aufgeftellt.

Einen für deutfche Augen fremdartigen aber doch auch intereffanten Eindruck machten die Giffeker Schülerarbeiten. Um nicht misberftanden zu werden bemerken wir, daß diefelben durchaus fauber und präcis hergeftellt waren; fie zeigten indeß eine eigenartige Richtung, und wir wollen deshalb auf dieferben page 103 mit einigen Worten befchreibend eingehen, um den Lefern doch wenigftens einen ungefähren Ginblick in die Organifation diefer Schule zu geben, welche gugleich die erfte ift, welche in Kroatien bis jetzt, und zwar bon dem Bürgerfchuldirector Ante Cubaj zu Siffek begründet wurde. Die Befchreibung dürfte bielleicht um fo mehr das Intereffe erwecken, als in den nachfolgenden Berhandlungen auch Herr Lehrer Gärtig die Grundriffe eines Arbeitsplans für fie berfchiedenen Atersftufen aufftellte. Es waren aufgeftellt:
  • I. Papierarbeiten:
    • 1 Tafel Bapierfalten, 2 Tafein Bapierausfchneiden, 1 Tafel Durchfchnüren.
  • II.Arbeiten aus Hobelfpähnen:
    • 1 Tace.
  • III. Arbeiten aus Stroh:
    • 1 runder Korb.
  • IV. Arbeiten aus Borflen:
    • 1 Kleiderbürfte.
  • V. Arbeiten aus Weidenruthen:
    • 1 Bogelneft, 1 Handkörbchen.
  • VI. Rohrarbeiten:
    • 1 Kleiderklopfer, 1 Gitzplatte eines Stuhles (Flechtwerk).
  • VII. Arbeiten aus Naturabfällen:
    • Bifitenkartenatace aus Kürbiskörnern, Lampenteller aus Zapfenfchuppen, Confole.
  • VIII. Papparbeiten:
    • Körbchen für Handarbeiten, Strickkörbchen, Tace (Hackarbeit).
  • IX. Buchbinderarbeiten:
    • Brofchirtes Bormerkungsbüchel, fteifgebundens Brotokoll, Rotizbüchel gebunden in Blüfch.
  • X. Sattlerarbeiten:
    • Schultafche.
  • XI. Lanblägearbeiten:
    • Gigarren-und Tabackftänder.
  • XII. Spritzarbeiten:
    • Unterfatz.
  • XIII. Ginlegearbeiten:
    • runde Tifchplatte.
  • XIV. Modelliren:
    • Wappen der Stadt Siffek.
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  • XV. Dreharbeiten:
    • Strumpfftopfer, Schlüffelhalter, Handtuchhalter.
  • XVI. Gilchlerei:
    • Kleiderrechen.
  • XVII. Schnitzarbeiten:
    • Kochlöffel, obale Bhotographierahmen.
  • XVIII. Metallarbeiten:
    • Datumzeiger.

Den Arbeiten war ein ausführliher Lehragang beigefügt, der bier Iahrgänge umfaßt. Hiernach ift die Schule fchon feit dem October 1879 eröffnet und mit der Bürgerfchule berbunden. Diefe wired bon Schülern im Alter bon 10—14 Iahren befucht, nachdem fie die Bolkfchule bier Iahre zubor durchgemacht haben. Die Bürgerfchule hat den Zweck, die Borbildung für Gewerbtreibende, Handelsleute und Landwirthe zu geben. Der Befuch des Handfertigkeits-Unterrichts ift unentgeltlich und nicht obligat. Das erforderliche Werkzeug befchafft die Gemeinde. Die angefertigten Gegenftände werden nach der Iahresausftellung berkauft; 25 pCt. des Berkaufspreifes werden zu Schulzwecken zurückbehalten, während 75 pCt. den Eltern der Schüler behändigt werden. Der Unterricht ift Maffen-unterricht, umfaßt drei Stunden wöchentlich, und wird bon pädagogifchen Gefichtspuncten geleitet.

Der Lehrplan für die einzelnen Iahrgänge ift diefer:

I. Iahrgang.

A. Papierarbeiten und Leinwandarbeiten.

a)Bapier-und Leinwandfalten:
1.Falten quadratifcher Bapierformen;
2.Falten rechteckiger Bapierformen;
3.Falten bieleckiger Bapierformen;
4.Falten Falten bon Serbietten.
b)Geometriches Ginund Ausfchneiden;
1.Ginfaches Einfchneiden;
2.Ginfaches Ausfchneiden.
c)Ausfchneiden gefalteter Bapierformen.
d)Berfchnüren.
e)Freiflechten.
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B. Arbeiten bon hobellpähuen, Stroh, Borften, Weidenruthen, Rohr und Naturabfällen.

a)Arbeiten bon Hobelfpähnen:
  • Berflechten in quadratifcher und rechteckiger Form. Berfertigung bon Tacen, Körbchen, Rahmen u. f. f.
b)Arbeiten bon Stroh:
  • Reinigung und Färbung des Strohes. Flechten bon Bändern und Zöpfen. Flechten der Körbe, Fußwifcher, Bienenkörbe u. dergl
c)Arbeiten aus Borften:
  • Borften-und Roßhaarflechten. Binden bon Bürften.
d)Arbeiten aus Weidenruthen:
  • Befchneiden und Herrichten der Weidenruthen. Korbflechten.
e)Rohrarbeiten:
  • Das Biegen des Rohres. Stuhlflechten. Berfertigung bon Ubrhaltern, Zeitungshaltern, Blumenftandern u. f. f. aus Rohr.
f)Arbeiten aus Raturabfällen:
  • Sammein berfchiedener Raturabfälle und Anwendung derfelben zu Schatullen, Confolen, Körbchen u. dergl.

C. Papparbeiten.

In diefen Arbeiten wird der Lehrgang des Leipziger Lehrers Herrn Kummer beforgt, deffen 104 Modelle fich Herr Director Cubaj als Wegweifer anfchaffe.

D. Capezierarbeiten.

Auffpannen bon Bapier, Leinwand und Leder auf Bappe und Holz. Umnähen deffelben. Berfertigung bon Mappen, Schultafchen u. f. f.

II. Lahrgang.

E. Laubfagearbeiten.

Das Halten der Säge und fägen bon Graden und Krummen; Berfertigung geometrifcher Formen nach beftimmten Maßftäben und Sfizzen. Diefe Arbeiten werden nur infofern gepflegt, als fie eine Borbereitung zum Einlegen find.

F. Einlegearbeiten.

Färben der Abfälle bei Laubfägearbeiten und Einlegen derfelben auf ihre frühere Stelle. Das Sägen doppelter Fur- page 106 niere und wechfelfeitiges Einlegen derfelben. Bolitur und Spritzarbeiten.

G. Modelliren.

Zubereitung des Lehms für das Modelliren. Berfertigung des Würfels, der Bhramide, des Kegels und der Halbkugel als Borbereitung zum Modellirn. Auflegen kleinerer Flächen auf größere; Abrunden ihrer Kanten; Weiterbau des einfachen Ornments. Berfertigung bon Onpsabgüffen; Glaciren und Brennen derfelben.

III. Lahrgang.

H. Dreharbeiten.

Die Theile des Drehapparats; das Schleifen der Meffer. Zubereitung des Holzes zu Dreharbeiten. Abrunden und Glätten des Holzes; Ginfchneiden bon Bertiefungen u. f. f. Berfertigung bon Stoppeln, Walgern, Griffen, Schlüffel-, Handtuch und Kleiderhaltern u. f. f.

I. Lilchlerarbeiten.

Die berfchiedenen Holzgattungen und ihr Breis. Die Werkreuge des Tifchlers und ihre Bezugsquellen. Schleifen der Zifchlerwerkzeuge. Hobeln, Schneiden, Stemmen, Bohren und Leimen des Holzes. Die berfchiedenften Holzberbindungen. Berfertigung und Ausbefferung der leichteren Hausgeräthe.

K. Holzlchnitzen.

Das Zubereiten des Holzes zum Schnitzen. Die berfchiedenen Schnitzmeffer und ihr Schleifen. Das Glätten, Abrunden der Kanten und Einfchnitzen. Das Schnitzen bon Laubfägearbeiten; felbftändiges Schnitzen nach Modeffen und Borlagen.

L. Metallarbeiten.

a) Drahtarbeiten:

Das Brennen und Grademachen des Drahtes; das Krümmen des Drahtes in berfchiedenen Winkeln. Flechten bon Ketten und Berfertigen bon Hafteln, Sicherheitsadeln, Bfeifenftecher u. f. f.

b) Blecharbeiten:

Die berfchiedenen Blechgattungen, ihre Zubereitung und ihr Breis. Das Schneiden und Sägen, Rieten und Löthen.

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IV. Lahrgang.

M. berfertigung berfchiedener Lehrmittel, Spielzenuge. berbefferung belchädigter Hausgeräthe.

Ein böllig zutreffendes Urtheil über die Organifation diefer Schule zu gewinnen ift felbft für den eingeweithen Fachmann nicht leicht möglich. Um ein folches zu fällen, müßte man die Schule felbft mit ihrer Methode einfehen, die arbeitenden Schüler beobachten, und auch die gefammte übrige Schulrichtung nebft den Lebenseigenthümlichkeiten des Landes zubor kennen. Für deutfche Berhältniffe mürden wir allerdings eine größere Concentration der Lehrfächer wünfchen. Im allgemeinen dürften die fchwedifch-Rääs'fche Richtung, welche borwiegend nur die Tifchlerei (Holzbearbeitung mit theilweifer Schnitzerei) pflegt, und die kroatifche als Gegenfätze einander gegenüberftehen. Zedenjalls konnte der Congreß dem Leiter der Siffeker Schule aber nur dankbar dafür fein, daß er ihm einen Ginblick in die Organifation derfelben eröffnet hat. Die Anerkennung einer methodifchen Ordnung wird man diefer Schule ungeachtet der mehr concentrirten Richtung, welche in Deutfchland herrfcht, doch immerhin nicht berfagen können.