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The Pamphlet Collection of Sir Robert Stout: Volume 58

schlußbemerkungen

schlußbemerkungen.

Für die Dauer ift es alfo erforderlich, daß den Seminariften neben der praktifchen Unterweifung auch über die Entwicklung des handfertigkeitsunterrichts u. f. w. nähere Auskunft erteilt wird. In diefem Berfuchsjahre ift in diefer hinficht nur foviel gefchehen, wie fich, abgefehen von einer allgemeinen Einleitung vor Eröffnung der Curfe, gelegentlich während des Unterrichts machen ließ.

außer diefem Umftande ift es, wie oben bemerkt, der von den Lehrmeiftern innezuhaltende Unterrichtsgang in feinen Einzelheiten, was für die Zukunft zunächft weiterer Ergänzung und klarerer Geftaltung bedarf. Sonft haben wir keine Beranlaffung, an der verfuchsweife getroffenen Einrichtung wefentliches abzuändern. Insbefondere hat es fich bewährt, wie die praktifch tüchtigen, in dem handarbeitsunterricht nun fchon erfahrenen Lehrmeifter mit ihrer fachlichen Ueberlegenheit den Seminariften gegenüberftanden. Ein Schüler in folchem Alter verlangt ganz befonders auf Seiten feines Lehrers die Befähigung, unter allen Umftänden auch für ein kritifches Auge die Arbeit tadellos und gewandt vormachen zu können; und grade weil hierin tüchtige handwerksmeifter ftets über den tüchtigften Schülern ftehen werden, eignen fie fich am beften für unfere Lehrwerkftätten.

Wenn nur an den leßteren neben dem unterweifenden Meifter auch überall ein die Sache geiftig und ethifch fördernder Lehrer betheiligt wäre!“

(soweit der verlefene Bericht des herrn Confiftorialraths Braudi. herr Dr. Göße fuhr dann fort:)

Faffen wir das Ergebnis diefes in Osnabrück angeftellten Berfuchs kurz zufammen, fo haben wir zu fagen: Es find im Winter 1884/85 36 Seminariften des unterften iahrgangs in wöchentlich 2 Stunden von handwerksmeiftern, fo daß je 6 Schüler auf einen lehrer kamen, in der holzarbeit unterwiefen worden. Die geringe Auzahl der Schüler und die verfchiedene Anlage derfelben bedingten den Einzel-Unterricht derfelben. Alle haben mit großem Eifer und Erfolg gearbeitet, page 25 fo daß eine Fortführung des Unternehmens wünfchenswerth erfcheint. Der herr Berichterftatter wünfcht in Zukunft diefen handfertigkeits-Unterricht für den unterften Curfus obligatorifch, für den oberen Curfus facultativ; der Unterricht foll nur im Winter ertheilt werden, und zwar von handwerksmeiftern und in Werkftätten außerbalb des Seminars. ieder Zögling macht feinen Weg für fich und wird von den Meiftern einzeln gefördert. Der handfertigkeits-Unterricht befteht für fich neben den theoretifchen Unterweifungen des Seminars; methodifche Beziehungen zwifchen der Lern-Arbeit der seminariften und ihrer praktifchen Bethätigung finden nicht ftatt; die holzarbeit ift ein neues befonderes Fach, das zu dem bisherigen Unterricht einfach hinzutritt. Nur wünfcht der herr Berichterftatter, daß die holzarbeit an fich möglichft planmäßig entwickelt und weiter methodifch durchgebildet werde, und daß es auch möglich fei, die Schüler außer mit den praktifchen handgriffen mit den Zwecken und Zielen des handfertigkeits-Unterrichts bekannt zu machen.

Die von dem herrn Berichterftatter gewünfchte Unterrichts-form gleicht alfo in einigen wefentlichen Punctender bisherigen Unterweifung des handwerks. Allerdings wünfcht erausgefucht tüchtige Lehremeifter, verlangt einen geordneten Lehrgang und fchließt alle Beziehungen zum Erwerb vollftändig aus, verfolgt alfo rein erzieherifche Abfichten. Ich möchte in Kürze fogleich hier Stellung zu dem Programm des herrn Referenten nehmen. Zunächft halte ich es für wünfchenswerth, daß das Seminar wie feinen Turnfaal, feinen Zeichenfaal, fo auch feine Werkftätte habe. Ferner follten nach meinem Dafürhalten nicht handwerker die Lehrer fein, denen von Anderen der Lehrgang vorgefchrieben wäre, fondern ich halte es für erftrebenswerth, daß die Leitung des handfertigkeits-Unterrichts in die hand tüchtiger hierzu vorgebildeter Lehrergelegt werde, von denen natürlich technifche Tüchtigkeit verlangt werden muß. Dann entfallen die von außen an die Meifter herangebrachte Inftruction und die befonderen Beranftaltungen, die Seminariften auch über Zweck und Ziele des handfertigkeit-Unterrichts aufzukläreu. ift fo eine engere Berbindung mit dem Seminar in Bezug auf den Ort des Unterrichts und die Perfon des Lehrers hergeftellt worden, fo ergiebt fich auch drittens die von mir gewünfchte engere Berbindung mit dem Schulunterricht. Nach meinem Dafürhalten page 26 muß die praktifche Arbeit ftreben, Beziehungen zu dem theoretifchen Unterricht zu gewinnen. Iede mathematifche und phyfikalifche Erkenntnis, die in der Werkftatt praktifch dardargeftellt werden kann, feftigt das Band zwifchen der Schule und der Werkftatt. Freilich verlange ich nicht, daß die praktifche Unterweifung nur die Dienerin des theoretifchen Unterrichts fei, fondern will ihr ihre felbftändige Geltung laffen. Aber wie es die Wirkung des Unterrichts vertieft, wenn die Gefchichte und die Geographie hand in hand gehen, wenn die Geographie wiederum der Naturkunde die hand reicht, wie die Phyfik fort und fort mathematifcher Anfchauungen und Gefeße bedarf, fo, meine ich, follte es auch verfucht werden, die handfertigkeit in das Unterrichtsganze organifch einzugliedern. Und ich bin überzeugt, wenn einmal der praktifchen Unterweifung der Zöglinge Raum gegönnt wird, fo werden fich folche Beziehungen, wenn man Werth auf fie legt, ganz gewiß entwickeln. Freilich dürfte man fich dabei nich auf die Bearbeitung eines einzigen Materials, insbefondere des holzes befchränken. Und das ift der leßte Punct, in dem ich mit dem herrn Berichterftatter nicht ganz in Uebereinftimmung bin. Ganz gewiß ift das halz eines der werthvollften und unentbehrlichften Materiale bei der Erziehung zur Arbeit. Aber es follte nicht allein herrfchen. Wollen wir dem Zögling das A B C der Arbeit lehren, fo kann es nicht darauf ankommen, ihm die Bearbeitung eines einzigen Stoffes in ausgiebigfter Weife beizubringen. Wir werden Werth darauf legen, daß er die elementaren Werkzeuge wie hammer und Zange, hobel und Säge, Meffer und Meifel, Feile und Bohrer u. f. w. gebrauchen lerne. Sollen wir uns deswegen auf die Bearbeitung des holzes befchränken, weil dies der Tifchler thut? Gern gebe ich zu, daß die holzarbeit eine der vielfeitigften ift, aber fie kann doch nicht alle anderen erfeßen. Dabei fehe ich ganz ab von dem Umftande daß die Werkzeugbefchaffung grade für die holzarbeit wegen der koftfpieligkeit der hobelbänke die meiften Schwiergkeiten macht, daß man grade hier faft nothwendig zum Einzel-Unterricht geführt wird, da die holzarbeit für die Unterweifung einer größeren Anzahl von Schülern nicht geeignet zu fein fcheint, und daß fie fich zwar vortrefflich zur herftellung von Wirthfchaftsgräthen fchickt, gegenüber dem Gedanken aber, daß die praktifche Befchäftigung die Gegenftände des theoretifchen Unterrichts zur page 27 Darftellung bringen folle, fich äußerft fpröde verhält. Insbefondere halte ich die Papparbeit für unentbehrlich deswegen weil grade die jüngeren kinder, deren kräfte für die holzarbeit noch zu gering find, doch ganz nothwendig praktifch thätig fein follten, da fie finnlicher Aufchauungen und praktifcher Erfahrungen wiet mehr bedürfen als das reifere, für Abftractionen eher zu gewinnende knabenalter. Befonders lehrreich find die jedem Material befonders eigenthümlichen Formen der Berbindung einzelner Theile zu einem Gangen. Die charakteriftifchen Formen der holzverbindung, das Nageln und das Leimen, das Zinken und Zapfen kann, fo inftructiv es ift, doch unmöglich zugleich dem Schüler einen Begriff von den Metallverbindungen, dem Lötjem imd dem nieten, oder von den der Papier-und Papp-Arbeit charakteriftifchen Conftructionen einen Begriff geben. Als es fich darum handelte dem kinde das Berftändnis für die Natur, die es umgiebt, zu erfchließen, befchränkte man fich nicht mit der Augnahme der Botanik z. B. in den Unterrichtsplan, fondern man verlangte die Elemente, aber freilich auch nur diefe, der drei naturkundlichen Disciplinen. Man befchritt alfo nicht den Weg, eines der drei Reiche für eine umfaffendere Behandlung auszuwählen, in der hoffnung daß die hier gewonnenen kenntniffe die auf den anderen Gebieten mangelnden Erfahrungen erfeßen würden. Wir wollen nun das kind erziecherifch in die Welt der Arbeit einführen, und da gilt es ebenfo, unbekümmert um die in den handwerken vollzogene Theilung, die Elemente der praktifchen Thätigkeit herauszuheben und für die Erziehung zur arbeit zu verwerthen. Bon diefem Gefichtspunct aus erfcheint mir die Ergönzung des holz-Slöjds als wünfchenswerth. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, daß ich die methodifche Durcharbeitung diefes Theiles unferes Unterrichtsgebiets, wie fie von Schweden und insbefondere von dem fehr verdienten Otto Saloman in Nääs geleiftet worden ift, überaus hochfchäße, und daß ich folche Durcharbeitung der einzelnen Materialien für die erzieherifche Berwendung für nothwendige Borftufen halte; aber ich kann fie nicht als das leßte erftrebenswerthe Ziel anfehen. Sagt man mir: es fei doch beffer, ein Arbeitsmaterial gründlich und nach allen Seiten bearbeiten zu lehren, als eine ganze Anzahl von handfertigkeitsfächern dilettantifch betreiben zu wollen,—fo erwidere ich, daß auch ich dies für weit beffer halten würde. Dem Dilcttantismus in diefem verächtlichen page 28 Sinne möchte ich um keinen Preis das wort reden. aber es handelt fich für mich gar nicht um mehrere handfertigkeitsfächer, auch nicht um ein einzelnes wie den holz-Glöjd, fondern um die Elemente der praktifchen Arbeit. Es handelt fich um die Anfänge der Erziehung des Auges und der hand, und wir müffen uns dabei nicht nur foweit vom handwark loslöfen, daß wir von direct gewerblichen Zwecken abfehen, fondern auch foweit das wir den Arbeitsunterricht nicht durch den von einem beftimmten handwerk bearbeiteten Stoff allein beherrfchen laffen. Man foll doch nur erkennen, daß es fich in unferem kampfe weit mehr als um ein neues Unterrichts fach um ein neues Unterrichtsprincip handelt, nemlich um die Aufnahme der eigenen praktifchen Thätigkeit des kindes unter die Mittel feiner Erziehung. Wir wollen, daß der Unterricht fich nicht mehr mit der äußeren Anfchanung begnüge, fondern dem kinde Erfahrungen vermittele durch die eigene Thätigkeit; wir kämpfen an gegen die dogmatifche Form des Unterrichts namentlich in den Erfahrungswiffenfchaften, und wollen das diefe Erkenntniffe auch von den Schülern erfahren, d. h. erarbeitet werden; was hat diefe idee aber mit der Befchränkung der Arbeit auf einen einzigen Stoff, und fei er auch fo bildfam wie das holz, zu thun? Darum verlange ich Loslöfung des erzieherifchen Arbeits-Unterrichts von der enge des handwerks auch inbezug auf das Unterrichtsmaterial.

Ich wende mich nun zu den in Sachfen für die Pflege des handfertigkeits-Unterrichts auf Seminaren getroffenen Beranftaltungen. Was zunächft die Stellung des königlichen Minifteriums für den öffentlichen Unterricht zu unferer Sache betrifft, fo glaube ich annehmen zu durfen, daß diefelbe eine wohl-wollende ift. Se. Ercellenz der herr Staatsminifter Dr. von Gerber hat mehrfach das freundliche Intereffe, das er an unferen Beftrebungen nimmt, bekundet, auch der Bertreter des Bolksfchulwefens im Minifterium, der herr Geheime Schulrath kockel hat in gleicher Weife den in Sachfen auf dem Gebiet des handfertigkeits-Unterrichts zu Tage getretenen Berfuchen wohlwollende Aufmerkfamkeit zu Theil werden laffen, und daß auch der Decernent für die Seminare, herr Geheimer Schul-Rath Dr. Bornemann dem handfertigkeits-Unterricht nicht abgeneigt ift, das zeigen die für die Betreibung deffelben an den Lehrer-Bildungs-Anftalten getroffenen Maßnahmen. Ueberdies wird das freundliche Wohlwollen der höchften Unterrichtsbehörde page 29 bewiefen durch die namhafte Unterftüßung, welche fie dem in Dresden 1881 ftattgefundenen Curfus zur Ausbildung von Lehrern für den handfertigkeits-Unterricht gewährt hat, dann durch die anfehnlichen hilfen, deren fich die Schülerwerkftatt zu leipzig fchon zweimal zu erfreuen hatte, ferner durch die Opfer, welche das königliche Minifterium für den Betrieb des handfertigkeits-Unterrichts am Seminar zu Dresden-Friedrichftadt in der Zeit von Neujahr 1883 bis Oftern 1884 gebracht hat, und durch die Aufwendung von Mitteln für den gleichen Zweck an allen den fächfifchen Seminaren, welche den handfertigkeits-Unterricht zu betreiben wünfchen.

Gehe ich nun auf die Darftellung des handfertigkeits-Betriebes an den verfchiedenen Seminaren über, fo habe ich als dasjenige unter ihnen, an welchem fchon feit langen Iahren Arbeits-Unterricht getrieben wird, Grimma zu nennen. Hier beftehen zwei Seminare, das haupt-Seminar und dasjenige für ältere Schulamtsfpiranten aus dem ganzen Lande, die fich erft fpäter für den Lehrerberuf entfchieden haben. Sämmtliche Schüler 4. Claffe des haupt-Seminars werden nun Countags Bormittags von 11 bis 12 Uhr unter der Leitung eines Buchbindermeifters mit Papparbeiten befchäftigt. Auch am Neben-Seminar werden unter der Leitung eines Buchbindermeifters Papparbeiten angefertigt. Außerdem ertheilen die Schüler, welche in ihrer früheren Lebensftellung ein handwerk erlernten, ihren Mitfchülern Unterweifung im praktifchen Arbeiten.

weiter ift der handfertigkeits-Curfe Erwähnung zu thun, welche am Seminar zu Dresden-Friedrichftadt von Neujahr 1883 bis Oftern 1884 unter der Leitung des herrn Rittmeifters Claufon von kaas ftattgefunden haben, Auf die Einrichtung diefer Curfe im einzelnen komme ich fpäter zu fprechen; es fei mir nur geftattet, hier im vorhinein einiges allgemeine über diefelben mitzutheilen. Das königliche Minifterium hat diefe Curfe mit reichlichen Mitteln in das Werk gefeßt, und herr Director Dr. Pohle, der entfcheidenden pädagogifchen Einfluß auf die Führung derfelben nahm, hat darüber eingehende Berichte an die hohe Unterrichts-Behörde erftattet. Nach Mittheilung des herrn Berfaffers derfelben lauten fie günftig über den Berlauf und die Refultate des angeftellten berfuchs. herr Director Dr. Pohle hat mir ausdrücklich erlaubt hier zu erklären, daß er, obgleich anfänglich mit Mistrauen an die page 30 sache hinangetreten, dennoch feine Zufriedenheit über diefen Unterricht ausfprechen Könne, und daß er eine Fortfeßung des Unternehmens wünfche, namentlich für diejenigen Schüler feiner Anftalt, welche dafelbft wohnen. Er halte den handfertigkeits-Unterricht am Seminar nicht deshalb für nöthig, weil hier Lehrer für diefen Unterricht ausgebildet werden follten, fondern um der eigenen Erziehung der Seminariften felbft willen, und bedauert daher die praktifchen Arbeiten aus äußeren Gründen haben einftellen zu müffen. Das Unterrichts-Local für den Arbeits-Unterricht war nemlich die Turnhalle, und zwar wurde diefe Mittwochs und Gonnabends von 2 bis 6 Uhr als Werkftatt in Befchlag genommen. Da aber an den übrigen Tagen die Turnhalle für ihre eigentlichen Zwecks durch die vielen Claffen des überfüllten Seminars vollauf in Anfpruch genommen werden mußte, fo blieb keine Zeit für die Reinigung des Saales übrig. Der durch die Werkftatts-Arbeiten hervorgerufene Staub wirkte fchädigend auf den Turnunterricht, und fo mußte man erkennen, daßdie gleichzeitige Benußung deffelben Raumes als Turnfaal und Werkftatt wenigftens in einer ftark befeßten Anftalt unthunlich ift. Der handfertigkeits-Unterricht am Seminar zu Dresden-Friedrichftadt fcheiterte darum vornehmlich an dem Mangel eines geeigneten Raumes, und fo lange die Miethe einer fremden Werkftatt nicht zu löfen ift, wird diefer Unterricht troß der auf Fortfeßung deffelben gerichteten Wünfche des Directors unterbrochen bleiben müffen. Borläufig hatte herr Director Dr. Pohle den Plan, um den Arbeitsunterricht nicht ganz feiern zu laffen, den dafür geeigneten Seminariften durch einen erfahrenen Dresdener lehrer, der fich durch gefchickte Anfertigung einfacher phyfikalifcher apparate hervorgethan hat, in einem zur berfugung ftehenden kleineren Raume in einem Nebenhaufe praktifche Unterweifung ertheilen zu laffen.

Die für den handfertigkeits-Unterricht am Dresdener Seminar ausgeworfene und unter den obwaltenden Umftänden nicht verbrauchte Summe ftellte nun das hohe Minifterium den übrigen Seminaren des Landes, welche den handfertigkeits-Unterricht betreiben wollten, zur Berfügung. Dadurch kamzunächft Grimma in die Lage, die von läge, die von längerer Zeit her betriebene Unterweifung der Seminariften in praktifcher Arbeit zu erweitern. Es wurde jeßt den Schülern der dritten Claffe page 31 Gelegenheit gegeben, fich mit holzarbeiten zu befchäftigen. Gegenwärtig nehmen 18 Zöglinge diefer Claffe Unterricht bei einem Tifchlermeifter, und zwar in drei Sectionen, wovan jede 12 Wochen hintereinander Sonnabends von 1 bis 6 Uhr nachmittags befchäftigt wird. Im Seminar felbft foll ein Befchäftigungsfaal eingerichtet werden, damit fich die Schüler auch in ihrer Freizeit mit praktifchen Arbeiten befchäftigen können.

Wir haben es heir alfo im wefentlichen mit Papp-und holz-arbeiten zu thun, die in den Freiftunden unter der Leitung von handwerksweiftern gefertigt werden. Die Meifter dürfen im allgemeinen bei ihrer Lehre nach den Regeln des handwerks verfahren.

Außer diefen Seminaren giebt es noch drei, nemlich Annaberg, Auerbach und Schneeberg, alle drei im Erzgebirge gelegen, welche den handfertigkeits-Unterricht eingeführt haben. Bon den 16 fächfifchen Seminaren find alfo gegenwärtig 5, in denendiefer Unterricht betrieben wird, und da das Dresdener denfelben wieder beginut, wenn die Localfrage gelöft ift, fo kann man fagen, daß 6 Seminare fich durch die Praris zu den Ideen des handfertigkeits-Unterrichts bekennen.

Um hier authentifche Mittheilungen machen zu können, habe ich an die Seminar-Directionen die Bitte um Auskunft über beftimmte Fragen gerichtet, und diefelben find mir dabei mit dankenswerthefter Bereitwilligkeit entgegengekommen. Ich ftelle die mir gewordenen Auskünfte im folgenden zufammen, nachdem ich mir erlaubt habe eine principielle Erklärung der Seminar-Direction zu Annaberg vorauszufchicken. Diefelbe fchreibt:

„Durchdrungen von der Ueberzeugung, daß den Seminariften um feines künftigen Amtes willen eine gewiffe handfertigkeit anzubilden fei, habe ich bereits feit dem Iahre 1880 den Quartanern des hiefigen Seminars von einem Annaberger Buchbindermeifter auf koften der hauscaffe einige Unterweifung in Buchbinder-Arbeit ertheilen laffen.

Das Anerbieten des königlichen Minifteriums, jährlich eine Summe für den handfertigkeits-Unterricht an Seminaren gewähren zu wollen, war mir daher fehr willkommen. Es ift mir nun möglich geworden, das nöthige handwerkszeug zu erwerben. Bor allem habe ich dem unterrichtenden Buchbindermeifter nun einen Oberlehrer des Seminars an die Seite page 32 ftellen können, eine Einrichtung durch welche der betreffende Unterricht inbezug auf Disciplin und Gang bereits viel gewonnen hat.

Eine Erweiterung des betreffenden handfertigkeits-Unterrichts durch Einführung z. B. von Tifchlerarbeit plane ich zunächft nicht. Ich bin der Meinung, daß für den Seminariften die Erlernung von manchen Buchbinder-Arbeiten allenfalls genügte. Wollte ich den Unterricht auf noch weitere Gebiete fich erftrecken laffen, fo würden verfchiedene Schwierigkeiten erwachfen, unter welchen Mangel an Raum und Zeit im Bordergrunde ftebt. Meine Sorge wird vorläufig fein, daß unfer handfertigkeits-Unterricht auf feinem Gebiet mehr und mehr fich vervollkommnet, insbefondere noch mehr als bisher der herftellung von Lehrmitteln fich widmet.“

Die Antworten aus Dresden, Schneeberg, Annaberg und Auerbach (von Grimma find die Fragen nicht im einzelnen beantwortet worden) lauten nun folgendermaßen:

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Dresden. Schneeberg. Annaberg. Auerbach. Welche Fächer des ahdnfertigkeits-Unterrichts werden betrieben? Papparbeiten, Tifchlerei, holzfchnißerei. Buchbinderei. Papparbeiten. Einige Drechsler-, Tifchler-, Buchbinder-, Schloffer-und klempner-Arbeiten. In wieveil Abtheilungen? 4 1 In einer Claffe, welche hinfichtlich diefes Unterrichts in 2 Abtheilungen getheilt ift.- Wieviel theilnehmer haben die Abtheilungen? Ie circa 25, zufammen alfo circa 100. 20 Im leßten Winter-Semefter 12. 4 bis 6 Ift der Unterricht facultativ oder obligatorifch? Obligatorifch für die unteren Claffen. Facultativ. Obligatorifch. Facultativ. Zahlen die Theilnehmer honorar? Nein. Nein. Die Theilnehmer zahlen kein honorar, müffen fich aber einiges handwerkzeug anfchaffen. Nein. In welchen Räumen findet der Unterricht ftatt? Turnhalle des Seminars. In einem größeren freien Zimmer des Seminars. Im Wohnzimmer der 4. Claffe. Im Phyfik.-Lehrfaal. zu welcher Zeit? Mittwochs u. Sonnabends von 2 bis 6. Zweimal wöchentlich von 5-7 Uhr. Bon 5 bis 6 Uhr Abends. In den Freizeiten Mittags von ½ 1 bis 2, oder Abends von 5 bis ½ 7 Uhr. welche Seminar-Claffen nehmen am Unterricht Theil? II, III, IV, V u. VI. Die 5. Claffe hauptfächlich, auch einige Schüler der 4. Claffe 4. Die 3. u. 4. Claffe. Seit wie langer Zeit, ift der Unterricht eingeführt? Neujahr 1883 bis Oftern 1884. Seit Michaelisvorigen Iahres. Seit Michaelis 1884. Seit October 1884. Der größte Theil der Zeitift zur Anlernung der Lehrer verwendet worden.

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Dresden. Schneeberg. Annaberg. Auerbach. Wer ertheilt denfelben? Leitung: Rittmeifter v. Claufon-kaas. Buchbindermftr. Leonhardt. Tifchlermftr. heinig. holzfchuißer Albrecht. Ein Buchbindermeifter in Anwefenheit von 2 Seminarlehrern. Ein hiefiger Buchbindermeifter und ein Seminar-Oberlehrer. 3 Seminarlehrer, die herren Dr. Reuther, Schumann u. Drechfel. liegt ihm ein beftimmter Unterrichtsgang zu Grunde? Der des Gemeinnüßigen Bereins zu Dresden. Der von Fr. hertel in Zwickau ausgearbeitete. Ia.- Wie werden die Leiter der handfertigkeits-Curfe honorirt? Die Meifter erhielten die Stunde 1 M. Der Buchbindermftr. erhält die Stunde 75 pfg. Der Buchbindermftr. erhält 1 M, der Seminar-Oberlehrer 1 M 50 Pf. für die Stunde. ift noch nicht georduet. Für den für den fämmtlichen Aufwand find vom kgl. Cultusminifterium für das Iahr der gegenwärligen Finanzperiode 150 M bewilligt worden. Wird nach mündlichen Angaben, Zeichnungen oder Modellen gearbeitet? In 1. Linie nach Modellen, aber auch nach Zeichnungen und mündlichen Augaben. In der hauptfache nach mündlichen Angoben, doch auch nach Zeichnungen u. Modellen. Nach mündlichen Angaben. Nein. Wieviel betragen ungefähr die jährlichen Unkoften des Unternehmens? Abgefehen von 3000 M für die erften Anfchaffungen und den nach den obigen Angaben zu berechnenden honoraren 150 M für Materialien und 50 M Nebenkoften. 150 M. Für das erfte Iahr waren 150, für die iolgenden Iahre find dis auf weiteres 120 M zur Berfügung.

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Dresden. Schneeberg. Annaberg. Auerbach. Nehmen die Seminariften gern an dem Unterricht theil? Aehuliche Wahrnehnehmungen wie beidem regulären Schulunterricht. Sehr gern. Die Seminariften nehmen gern am Unterrichte Theil. Scheint der Fall zu fein; den als jeßt aufgefordertwurde zur Theilnahme an Buchbinderarbeiten, haben fich fämmtliche Schüler der 3. und 4. Claffe gemeldet. Welche Erfolge hat der Unterricht bisher gehabt? leidlich befriedigende. Erfreuliche. Um das beftimmen zu können, haben die Schüler noch zu wenig Stunden gehabt. Findet er arch an der Seminar-Uebungsfchule statt? Es haben nur einige kinder theilgenommen. Nein. Nein. Nein. Welcherlei Gegenftände werden gearbeitet? Nüßlichkeits-Gegenstände? Solche Dinge die mit dem Unterricht in beziehung ftehen (mathematifche körper A.)? Nur Nüßlichkeits-Gegenftände. Borherrfchend Nüßlichkeits-Gegenftände. Die Schüler werde im heften u. Befchneiden, inder Anfertigung von Verfchiedenartigen käftchen Schachteln, Mappen u. f. f. unterwiefen. Beftellungen der einzelnen Lehre der Anftalt werden thunlichft ausgeführt. Der an dem Seminar zu Auerbach eingeführte handfertigkeits-Unterricht foll darauf abzielen, die Schüler in den Stand zu feßen, die herftellung u. Reparatur gewiffer Lehrmittel felbft zu beforgen. Daraufhin find die nachfolgenden Papp-, holz-und Metall-Arbeiten ausgewählt worden.